2023

Freitag, 15. September 2023, Rhein-Lahn-Zeitung Bad Ems / Lokales

Donnerstag, 27. Juli 2023, Rhein-Lahn-Zeitung Bad Ems 27.07.2023 / Lokales


Leichtigkeit und Lebensfreude dürfen nie verloren gehen
Von Ulrike Bletzer

 

Die Glaskünstlerin Renate Hikl ist zum ersten Mal bei der Ausstellung „Kunst trifft Handwerk“

in Nastätten dabei.


Heidenrod/Nastätten. „Ich möchte mich nicht entscheiden“, sagt Renate Hikl – und verweigert
damit die Qual einer Wahl zwischen zwei Bereichen, die viele Zeitgenossen ihrer Überzeugung
nach zu Unrecht als Gegensätze wahrnehmen: Kunst und Handwerk, vielfach missverstan den als
das Schöngeistige, Er habene auf der einen und das Profane und somit weniger Wertvolle auf der
anderen Seite. „Aber in Wirklichkeit ist es doch so, dass ein Künstler, der sein Handwerk nicht
versteht, auf keinen grünen Zweig kommt und umgekehrt auch ein Handwerker in eine Sackgas-
se gerät, wenn er nicht kreativ ist“, stellt Renate Hikl klar.

Auch das Glas in ihrer eigenen Haustür wie auch die beiden rechts abgebildeten Werke

hat die Glastkünstlerin Renate Hikl, die nach einigen Jahren in Strüth heute im hessischen

Heidenrod lebt und arbeitet, selbst gestaltet.

Fotos: Ulrike Bletzer, Georg Bühler (2)

Kein Wunder also, dass sie sofort Ja gesagt hat, als die Keramikerin Ursula Näther sie fragte, ob
sie bei der von ihr organisierten Ausstellung „Kunst trifft Handwerk“ am zwe ten Septemberwo-
chenende in Nastätten mit dabei sei. „Das Ausstel lungsmot to hat mich auf Anhieb angesprochen,
schließlich ist das genau mein Thema“, sagt Renate Hikl, die zum ersten Mal bei „Kunst trifft
Handwerk“ ausstellt. Und dort vermutlich wohl schon allein dank ihres Werkstoffs auffallen wird:
Die 56-Jährige arbeitet mit Glas.
„Dieser fas zinierende Werkstoff hat mich mit seiner Lichtdurchlässigkeit schon immer begeis-
tert“, berichtet sie und veranschaulicht dies am Beispiel der Schildbürger, die der Legende nach
beim Rat hausbau die Fenster vergaßen: „Diese vier Millimeter Fensterglas lassen uns einen Blick
nach draußen werfen und schützen uns zugleich vor Wind und Wetter. Außerdem kenne ich kein
anderes Material, bei dem man so bewusst mit Farben arbeiten kann.“
Dabei er kannte sie ihre Berufung als Glaskünstlerin – oder Glashandwerkerin beziehungsweise
Glaskunsthandwerkerin – erst auf den zweiten Blick. Nach dem Schulabschluss Mitte der 1980er-
Jahre hatte die gebürtige Remscheiderin zwei Lehrstel len zur Auswahl: entweder im Floristen-
oder im Glaserhandwerk. „Ich habe die Glaserei genommen, weil sie weiter von zu Hause weg
war“, erzählt sie. 1987 machte sie ihre Gesellenprüfung, anschließend legte sie an der Fachober-
schule für Gestaltung in Wuppertal das Fachabitur ab. Doch was nach einem geradlinigen Le-
benslauf klingt, war gar keiner: „Ich habe einige Umwege genommen und war eine ganze Zeit
lang viel auf Mittelaltermärkten unterwegs“, blickt sie zurück. „Bis ich gemerkt habe: Ich kann’s
nicht lassen. Das mit dem Glas ist meins.“ 1999 sattelte sie die Meisterprüfung drauf.
Sicher, ein Honigschlecken war ihr Dasein als Freiberuflerin nicht immer. Heute dagegen muss
sie manche Aufträge aus Kapazitätsgründen ablehnen. Viel Sicherheit gibt ihr die vor 16 Jahren
begonnene freie Mitarbeit bei den Derix Glasstudios in Taunusstein, wo sie Spezialistin für den
Neubau und die Restaurierung von Kirchenfenstern ist. So hat Renate Hikl, die nach einigen Jah-
ren in Strüth heute im hessischen Heidenrod lebt und arbeitet, bereits in Oberwallmenach, Brau-
bach und Burgschwalbach Kirchenfenster restauriert, ist zu diesem Zweck aber auch häufig mo-
natelang in Süddeutschland unterwegs. „Als man angefangen hat, gotische Kirchen zu bauen, bot
sich auf einmal die Möglichkeit, Kirchenfenster als gestalterische Elemente zu verwenden“, sagt
Renate Hikl, die ihr Faible fürs Historische kaum verbergen kann. Die mittelalterlichen Glasfens-
ter seien die ersten „Comics“ gewesen. Geschichten erzählen, Inhalte und Botschaften transpor-
tieren – das will sie mit ihren Werken auch. Ganz deutlich wird dies zum Beispiel bei ihrer Instal-
lation „Regenbogen-Connection“. Sie zeigt ein riesiges Spinnennetz, in dem die Erdteile gefangen
sind, unten die rauchenden Schlote einer Industrielandschaft und ganz oben die ineinander ver-
schlungenen Hände von vier Menschen, die die Völker dieser Erde symbolisieren. „Eine Rettung
ist nur möglich, wenn wir zusammenhalten“, kommentiert Renate Hikl dieses Werk, das voraus-
sichtlich bald in Nastätten zu sehen sein wird. „Alternativ nehme ich die beiden alten Herren mit“,
kündigt sie an – und meint damit ein im gotischen Stil gehaltenes Fenster mit zwei Heiligengestal-
ten. Auf jeden Fall mit dabei haben wird sie ihren von hohen Glasfenstern umrahmten Pavillon,
in dem sie Besuchern gern ihre Arbeit erklärt.
Aber natür lich hat sie noch eine ganze Menge mehr im Repertoire, deutet beim Gespräch in ihrer
Werkstatt unter anderem auf eine vielfarbige gläserne Teeuhr und eine ebensolche Laterne, zeigt
Fotos vom Küchenkobold und dem Herzchen in der Toilettentür ihrer Wohnung und erklärt: „Ich
mag es gern etwas verspielt. Außerdem bin ich nicht so der Mensch fürs Abstrakte, sondern eher
der fürs Gegenständliche.“ Obwohl sie sich durchaus auch bedrückenden Themen widmet, dür-
fen Leichtigkeit und Lebensfreu de dabei nie ganz verloren gehen. Und was die Verbindungstech-
nik betrifft: Hier ist sie eine Anhängerin der Bleiverglasung. Dabei schiebt man die Glasscheiben
in Profile, die anschließend miteinander verlötet werden.
Zu 90 Prozent basieren Renate Hikls Arbeiten auf Kundenaufträgen. „Zuletzt habe ich ein großes
Mosaik für einen Garten angefertigt“, nennt sie ein Beispiel und beschreibt das Prozedere: „Ich
spre che mit den Kunden über ihre Vorstel lungen und Wünsche und schaue dann, was technisch

machbar ist.“ Und wenn ein Wunsch so gar nicht ihren eigenen Vorstel lungen entspricht? „Das
hinterfrage ich dann nicht. Da bin ich mehr die Handwerkerin, die schlicht eine ordent liche Arbeit
abliefern will.“ Rund zehn Stunden am Tag arbeitet Renate Hikl, nicht selten an mehreren Aufträ-
gen gleichzeitig: „Und wenn mir ein Projekt Spaß macht, bekommt man mich gar nicht mehr aus
der Werkstatt heraus.“

Ein Wochenende voller Begegnungen zwischen Kunst und Handwerk


Die Ausstellung „Kunst trifft Handwerk“ findet am Samstag, 9. September, von 14 bis 19 Uhr und
am Sonntag, 10. September, von 11 bis 19 Uhr im Bauhof Nastätten, Hoster 3, statt. Dort werden
rund 20 Künstler aus den Sparten Bildhauerei, Buchfaltkunst, Faserkunst, Food Art, Glaskunst,
Keramik, Lichtkunst, Malerei, Metallkunst und Mixed Media ihre Werke zeigen. Dazu gibt es ein
musikalisches Begleitprogramm: Am Samstag untermalen die Sängerin Ulla Jones aus Nastätten,
der brasilianische Musiker José Boutros aus Braubach und der Bluesmusiker Jörg Hillebrand aus
Dachsenhausen die Ausste lung klanglich. Am Sonntag unterhält Bertl Lied mit seiner Musik.

Für das leibliche Wohl sorgen unter anderem „Gönn dir Wein“ und der SPD-Ortsverein Nastätten.


2022

Dienstag, 13. September 2022, Rhein-Lahn-Zeitung Bad Ems 13.09.2022 / Lokales
Bilanz von „,Kunst trifft Handwerk" fällt positiv aus 
Initiatorin sieht kulturelle Bereicherung fürs Blaue Ländchen

Nastätten. Aller guten Dinge sind drei, so sagt der Volksmund, Doch dabei wird es in Nastätten nicht bleiben, denn auch im nächsten Jahr soll „ Kunst trifft Handwerk“ wieder Menschen in die Blaufärberstadt führen, wie Bürgermeister Marco Ludwig gegenüber unserer Zeitung erklärte. Sehr zur Freude der engagierten Organisatoren.

Ursula Näther förderte mit ihren Mitstreitern am Wochenende erneut das verborgene Kunstpotenzial der Region zu Tage.
Das kam an.
Gegenüber unserer Zeitung zieht sie eine „hervorragende" Bilanz.Alle ausstellenden Künstler seien zufrieden gewesen.
„Wir hatten sehr viele interessierte Besucher", so die Initiatorin der ab-
wechslungsreichen Ausstellung.
Im Vergleich zu den Vorjahren konnten zu den bereits wohlbekannten Kunstschaffenden auch einige Neulinge begrüßt werden. Dazu gehörte etwa der Ruppertshofener Holzzauberer Uwe Havekost, der mit einem originellen Labyrinth überraschte,
Der Nastätter Lukas Leitz faszinierte mit Kompositionen aus verschiedenen Materialien, und viel Zustimmung fand ebenfalls Kunstschmied Arno Wöll aus Niederwallmenach. Die schlichten, oft auch humorigen Keramiken von Dr. Roland Romer aus Nastätten gefielen den Kindern und Jugendlichen, die bei Ursula Näthers oft exotischen Schöpfungen ins Staunen gerieten. Mit sehr viel Fantasie gestaltet auch Esther Brühl-Messemer ihre farbenfrohen Gemälde. Dem Material Glas weiß Karl Kaiser aus Oberwallmenach fantastische Formen und Farben zu entlocken dank der
„Glasfusingtechnik", die er aus Neuseeland mitgebracht hat.

Bei all dem, was es zu
entdecken gab, lohnte sich ein Besuch der Ausstellung in jedem Fall.
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